Thema Reitsport

verfasst am 25.04.2021

Ein paar Gedanken zum Thema Reitsport

Nicht zuletzt durch Corona sind viele Menschen zum Reitsport gekommen bzw. viele sagen, „ich reite“. Aber was genau macht reiten aus? Ist es ein Sport, ein Hobby, eine Technik oder einfach die gemeinsame Zeit mit (s)einem Pferd?

Für mich ist Reiten bzw. die Arbeit mit Pferden eine Lebenseinstellung. Wenn ich mit Pferden zusammen bin, habe ich die Möglichkeit zu sein, einfach nur in diesem Moment zu versinken, in mich hinein spüren, Empathie zu meinem Pferd zu entwickeln um dessen Bedürfnisse zu erfühlen und ihm gerecht zu werden. Für mich ist Reiten mehr als Sport.

Oftmals liest man „Ein guter Horseman ist heute besser als gestern“. Aber was genau bedeutet das? Was ist dieses besser und vor allem besser als was? Um überhaupt beurteilen zu können, was ich besser machen kann, brauche ich doch erstmal die Erkenntnis darüber was nicht gut genug ist. Grundsätzlich kann man sich in allen Bereichen verbessern, daher brauche ich neben der Beurteilung der Dinge auch die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen. Quasi einen Plan haben was ich wie zu welchem Zeitpunkt verbessern kann. Erst dann kommt die Technik des Reitens zum Tragen.

Anfangen muss ich dabei bei mir, an meiner mentalen Ausgeglichenheit, an meiner Fähigkeit Empathie für mich und mein Pferd zu empfinden. Jeder Tag ist anders, Leistung ist kein exponentielles Wachstum und an manchen Tagen geht manches eben nicht. Entweder man verbeißt sich in die Erwartung und seinen Ehrgeiz oder nutzt die Chance, Neues anzugehen und nachsichtig zu sein. Dafür müssen wir aber aus unserer gemütlichen der Komfortzone raus. Das fällt oftmals schwer, aber unser Pferd danach zu fragen, ist einfacher.

Leider erlebe ich in Reitställen oftmals fluchende oder wütende Reiter, weil „der Gaul nicht funktioniert“ und aus diesem Frust resultiert meist Ungerechtigkeit. Fluchen tu ich auch manchmal, aber dann sollte ich mich fragen: Funktionier ich denn, bin ich heute zu 100% fit? Habe ich die Frage an mein Pferd richtig gestellt oder kann ich sie umformulieren, wenn mein Pferd es nicht versteht? Kann ich fühlen, warum mein Pferd mir etwas nicht gibt oder nicht genug? Bin ich heute besser als gestern? Ist diese Erkenntnis heute „mein besser“?

Arbeiten mit Pferden ist für mich der Weg zur Selbstreflexion, denn nur die Selbstreflexion führt zur Empathie und Menschlichkeit – zu mir selbst und meinem Gegenüber (auch außerhalb des Stalls). Pferde geben uns überhaupt erst die Chance, der Horseman zu sein, der heute besser ist als er gestern war.