„Und was reitest du?“

verfasst am 13.08.2022

„Und was reitest du?“

Dies ist wohl die häufigste Frage dir mir gestellt wird, gerade auch in Bezug darauf, wen ich denn so unterrichte. Die Frage ist recht eindeutig zu beantworten.

Ich reite in erster Linie ein Pferd. In zweiter Linie versuche ich dies unter Berücksichtigung der Biomechanik gesunderhaltend zu tun.

Mit anderen Worten, egal welches Equipment ich habe oder wohin die Reise irgendwann gehen soll mit meinem Pferd, ich versuche es gesunderhaltend zu reiten.

Einige „klassische“ Reiter nehmen bei mir Horsemanship Unterricht, da sie Probleme im Umgang mit ihrem Pferd haben. Wenn man etwas weiter nachforscht, gibt es auch beim Reiten Probleme. Wenn ich meine Hilfe anbiete, sind sie meistens sehr erstaunt, dass ich auch „Dressurreiter“ unterrichte. Gerade bei Problempferden weise ich auch oft darauf hin, dass es wieder möglich ist, diese zu reiten.

Tja, wie kann es sein, dass ich als „Westernreiter“ auch „Dressur“ unterrichten kann?

Die Dressur wurde fürs Pferd gemacht, nicht das Pferd für die Dressur.

Reiten – unabhängig des Stils – bedeutet für mich ein ausgewogenes Verhältnis aus Schub- und Tragkraft, Herstellung der Balance von Pferd und Reiter als eine Einheit, feine und unsichtbare Hilfengebung ohne Gewalt und Zwang als Ziel.

Das was heutzutage bei 95% der Reiter, egal ob western oder klassisch, egal ob Turnier oder Freizeit, geritten wird, ist sicherlich nicht die Dressur, die fürs Pferd gemacht wurde. Es ist Reiten nach einem Schema F, in die das Pferd zu passen hat ohne auf die individuellen Besonderheiten des jeweiligen Pferdes einzugehen.

Heißt, ich reite mein Pferd und liebe das Westernequipment. Ich liebe meinen Sattel und ich liebe das Bosal, ich liebe diesen Westernflair weil ich im Herzen nun mal ein Cowgirl bin und so ein Stückchen Wilden Westen im Alltag integrieren kann. Ich würde mich weder als Western- noch als Dressurreiter bezeichnen, sondern ich reite mein Pferd.

Ein Holsteiner mit Dressursattel, der auf einem Rinderkurs teilnimmt, ist ja nicht automatisch ein Westernpferd. Ein piaffierender Quarter im Westernoutfit ist trotzdem kein Dressurpferd.

Und wenn man merkt, dass man nicht weiterkommt, macht es ja durchaus Sinn aus einem anderen Reitstil neue Lösungsansätze zu ziehen. Man wird ein Problem niemals mit derselben Herangehensweise lösen, wie es entstanden ist.

Mein wundervoller Schecke, ein Holsteiner im Indianerlook, verkörpert im Grunde genau diese Philosophie.

Es gibt nicht nur den einen, geraden Weg. Die Abzweigungen sind es, die uns auf dem weiteren Weg achtsamer machen, denn es wird nie ein Ziel geben, man ist nie fertig damit mehr zu erfahren, zu lernen und zu wissen.

Eine „Reitweise“ erlebe ich oftmals nur als Ausrede gewisse Dinge zu relativieren. Es mag verschiedene Reitstile geben, aber die Art und Weise zu reiten, die Reitweise, sollte immer die psychische und physische Gesunderhaltung des Pferdes sein, egal in welchem Equipment. Das Wohl der Pferde muss die höchste Priorität haben!